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30 Jahre vergangen

Hoàng Mỹ

 

Inzwischen sind schon dreißig Jahre vergangen, als ich damals als junge Frau nach Berlin kam. Im April 2011 feierte ich meinen 60. Geburtstag im Kreise der Familie und Kollegen. Die erste Überraschung gab es um Mitternacht. Bei einem jährlichen Kollegentreff mit Freunden aus dem Krankenhaus Westend standen meine Kollegen plötzlich auf und brachten mir Blumen, welche sie auf dem Balkon versteckt hatten, sie sangen und wir tranken Champagner zusammen. Die nächste Überraschung bekam ich von meinen Kollegen im Dienst. Obwohl ich zu meinem Geburtstag absichtlich 2 Tage frei genommen hatte, um unauffällig zu bleiben, wurde ich bei der morgendlichen Dienstübergabe plötzlich mit Gesang und Blumen überrascht. Zunächst war ich wie versteinert, dann aber sehr glücklich. Ich stand in der Mitte und habe den Moment genossen.

Als ich im April 1979 in der Abenddämmerung in ein Boot mit knapp 300 Menschen stieg, habe ich mein Leben in Gotteshand gelegt. Als Nicht-Schwimmerin kroch ich auf dem Rumpf eines alten, völlig überfüllten Bootes und nahm das Risiko in Kauf, zu 99% auf der Flucht über das Meer zu sterben. Der Druck, unbedingt aus meinem Heimatland, in dem ich mit unzähligen Erinnerungen aufgewachsen bin und in dem meine Eltern und meine kleine Schwester zurückblieben, zu fliehen war enorm. Ich wusste weder wohin ich gehe und was dort auf mich zukommen wird. Ich wusste lediglich, dass ich den Löwenkäfig verlassen muss.

Als junge Ärztin in einem renommierten Volkskrankenhaus in Saigon passte ich eigentlich in das sozialistische Bild des neuen Regimes. Da ich frisch aus der Uni kam und ungebunden war hätte ich mich vielleicht ohne Schwierigkeiten mit der Ideologie des Kommunismus identifizieren können, aber weil meine Lebensräume sowohl privat als auch beruflich immer enger wurden, erstickte ich fast darin. Flüchten bedeutete auch ein sinnlicher und schneller Freitod, wenn es sein sollte.

Ich war 24 Jahre alt als die kommunistische Regierung aus Nordvietnam nach mehr als 15 Jahren grausamem Krieg die Macht in Südvietnam übernahm. Die Freude über das Kriegsende und über Frieden und Vereinigung wich allerdings schnell der Gewissheit der Vernichtungen des kulturellen und traditionellen Lebens der Südvietnamesen durch die Propaganda „Kulturelle Revolution“ und „Kampf gegen den Kapitalismus". Das einzige, was zu hören war, war die aggressive Kriegsmusik aus Nordvietnam. Es gab nichts anderes zu lesen als kommunistisch-propagandistische Bücher, sämtliche Grundbedürfnisse eines Menschen wurden erbarmungslos ignoriert, Grundnahrungsmittel wurden rationiert, Vermögen wurden durch mehrfachen radikalen Geldumtauschen vernichtet, Eigentum wurde verstaatlich oder beschlagnahmt

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Südvietnamesen nicht nur die Literatur von der Klassik bis zur Vorkriegszeit aufbewahrten und in der Schule als Lernmaterial nutzten, sondern dass sich trotz des grauenhaften Krieges auch eine kulturelle Entwicklung vollzogen hat. Bis zum 30.04.1975 hatten wir tausende bekannte Schriftsteller, Komponisten und Künstler in den verschiedensten Bereichen: Romantik, Klassik, Revolution, New Wave, Teenager etc. Es gab dutzenden Zeitungen, vom Feuilleton bis zur Illustrierten, welche sich mit den unterschiedlichsten Themen beschäftigt haben und die unterschiedlichsten Meinungen abbildeten. Doch auf einmal musste dies alles weg. Bücher und Zeitungen wurden zu einem Kilo-Preis für Verpackungspapier verkauft. Musikkassetten wurden zerstört und die schwarzen zerknautschten Plastikrollen landeten wie riesige Haarknollen auf dem Müll. Denn die Bücher und die Musik der Südvietnamesen galten als Waffen des Kapitalismus. Wer sie zu Hause trotzdem heimlich aufbewahrte galt als Antirevolutionär und musste selbstverständlich „umerzogen“ werden. Diese Umerziehung bedeutete Verhaftung bzw. Gefangenschaft ohne eine gerichtliche Verhandlung.

Zunächst hoffte man, dass sich die „eiserne Ordnung“ nur vorübergehend nach der Machtübernahme aufrechterhalten lässt. Die Hoffnung wieder ins normale Leben zurück zu kehren wurde allerdings immer kleiner und erlisch nach 3-4 Jahren (1978-1979) vollkommen. Man fühlte sich von der Welt abgeschnitten und zurück in die Steinzeit versetzt. Man lebte wie in einem großen Gefängnis bzw. Umerziehungsanstalt. Die Gedanken wurden geformt und es gab keine Alternativen mehr.

Medizinisches Wissen blieb seit dem 30.4.1975 stehen, Fachbücher aus Nordvietnam waren veraltet. Es gab kaum Medikamente für Patienten, Ärzte mussten auf traditionelle Methoden, wie Akkupunktur und Kräutermedikamente zurückgreifen. Fortbildungsveranstaltungen über Alternativmedizin waren Pflicht und erzeugten noch mehr Misstrauen und Verzweiflung.

Die Menschen aus Nordvietnam waren im Bereich des Allgemein- und Fachwissens erbärmlich, trotzdem wurden sämtliche Führungspositionen in Südvietnam von ihnen besetzt. Sie verschafften sich dadurch keinen Respekt vor Kollegen aus Südvietnam. Mehr und mehr Kollegen und Kommilitone verließen Südvietnam deswegen und um mich herum blieben nur noch Kollegen aus Nordvietnam und einige Pionierkollegen aus Südvietnam. Man traute sich nicht mehr sich frei zu unterhalten und vor lauter Angst vor einer Gehirnwäsche wachte ich manchmal nachts völlig verschwitzt auf und weinte vor Verzweiflung. Dies war ein ungewolltes Leben, ein Leben in der dürren kommunistischen Wüste, trocken und unendliche hoffnungslos. Ein Mensch braucht nicht nur Essen und Trinken, er braucht auch die geistige Nahrung um leben zu können. Die Gedanken sind frei, aber wenn die Gedanken nicht entfaltet werden können und der Mensch tagtägliche ums Überleben kämpfen muss, sterben die Gedanken im Laufe der Zeit.

Als ich einen Tag im April 1979 auf Pulau Bidong, einer Flüchtlingsinsel in Malaysia, gelandet war hörte ich zum ersten Mal nach vielen Jahren die Musik aus meiner Kindheit und Jugend wieder. Mir kamen plötzlich die Tränen, Tränen der Freude, Träne der Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben.

Nach einer 4-tägigen gefährlichen Flucht über das Meer, mit mehrfachen Überfällen von Thai Piraten kamen wir, 297 vietnamesische Flüchtlinge, völlig erschöpft an dem Strand Trengganu (Malaysia) an. Nach wiederholten Drohungen von malaysischen Grenzsoldaten, uns wieder auf dem Meer auszusetzen, wurden wir unter Intervention vom UNHCR endlich auf die Flüchtlingsinsel Bidong verlagert. Der Schmerz, die eigene Familie in Vietnam nie wieder zu sehen war zwar groß, aber die Freude über ein normales Leben, ein Leben wie es vor dem 30.04.1975 möglich war, war noch größer. Nach Gesprächen mit unterschiedlichen internationalen Delegationen entschied ich mich nach Empfehlung einer deutschen Röntgen-MTA, Schwester Monika Weiß, nach Deutschland zu kommen, obwohl ich nur Englisch und kein Wort Deutsch beherrschte. So begann ich mein Leben am 05.03.1981 hier in Berlin. Der Beginn meines Integrationsprozesses in Deutschland bestand in einem 8-monatigen Deutschkurs im Goethe-Institut, der Familiengründung sowie der einjährigen Arbeit als Gastärztin im Krankenhaus in Westend/Station 14b, wo ich Freundschaften mit Kollegen knüpfte, welche bis heute halten.

Nun arbeite ich seit 25 Jahren in einem evangelischen Krankenhaus in Berlin und habe eine wunderbare Kollegin, mit der ich vom ersten Tag an den schönsten beruflichen Lebensabschnitt, mit all seinen Höhen und Tiefen, erleben durfte. Meine Töchter sind inzwischen auch Kolleginnen geworden. Sie haben sich zwar ebenfalls für den Arzt-Beruf entschieden, ihren Fachbereich jedoch selbst nach eigenem Wunsch und Interesse gewählt. Mein Ehemann bleibt mir treu. Ich kann meine Eigenschaften hier, wo die Würde des Menschen unantastbar ist, voll entfalten. Ich lese, schreibe und präsentiere meine kleinen Schriftstücke und träume von einer großen Publikation. Ich genieß das multikulturelle Leben, fühle mich vom Rechtsstaat beschützt und bin zufrieden.


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