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Vietnamesen in Berlin: Qualen und Aufstieg

Prof. Barbara John

 

Begrüßungswort der Ausländerbeauftragte des Senats Berlin a.D. Frau Prof. Barbara John, Neujahrsfest 2008. Vietnamesen in Berlin, das ist eine Geschichte, die vor mehr als 30 Jahren begonnen hat, als etwa 2000 Männer, Frauen und Kinder im damaligen West-Berlin aufgenommen wurden. Für sie wurde damals in der Bundesrepublik eigens ein neues Gesetz geschaffen, das Kontingentflüchtlingsgesetz.

Im Kontingent aufgenommen zu werden, bedeutete, einen Flüchtlingsstatus zu erhalten, der ihnen den Aufenthalt und den Zugang zum Arbeitsmarkt sicherte ohne ein Verfahren durchlaufen zu müssen, wie es für Asylbewerber nach dem deutschen Asylrecht üblich war. Hinter diesen bürokratisch - klingenden Verfahrensregeln verbergen sich tausendfache Schicksale, ausgelöst durch den Indochinakrieg, der im April 1975 mit dem Einmarsch kommunistischer Truppen in Saigon beendet wurde.

In den Jahren danach begann die große Flucht aus Südvietnam. Flugzeuge konnten nicht genutzt werden; es gab keinen legalen Weg aus der kommunistischen Diktatur der folgenden Jahrzehnte. Nur das südchinesische Meer stand ihnen offen und verschlang viele der Flüchtlinge – berichtet wird von jährlich 20 000, die nicht überlebten Jahr für Jahr zwischen 1976 bis in die neunziger Jahre; sie verhungerten ertranken, wurden von Piraten ausgeraubt und ins Meer geworfen, von vietnamesischen Kontrollbooten zurückgebracht.

Geschätzt wird, dass die Zahl der Geretteten nicht größer war als die der Umgekommenen. Was wir fast täglich aktuell über Flüchtlinge aus dem Maghreb hören, die versuchen die italienische Insel Lampedusa über das Mittelmeer zu erreichen, lässt auch die Schrecken des Drama in asiatischen Gewässern wieder lebendig werden.

Es war die Cap Anamur ein von deutschen Helfern ( Journalisten, Ärzte, Krankenpfleger) umgebauter Frachter, von Rupert Neudeck geleitet, mit dem Tausenden sogenannter Boatpeople das Leben gerettet werden konnte. Viele westliche Länder, darunter die Bundesrepublik erklärten sich unter dem Druck der Öffentlichkeit zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit, sogar unter besonderen Umständen, siehe Kontingentregelung.

Schon bevor ich im Dezember 1981 das neu gegründete Amt der Ausländerbeauftragten antrat, hatte ich Kontakt zu den ersten Flüchtlingen aus Vietnam, und zwar ging es dabei um die Organisation von Deutschkursen. Ich bildete damals Lehrer für das Fach Deutsch als Zweitsprache an der Freien Universität aus. Diese Kontakte wurden intensiver nach meinem Amtsantritt. Ich besuchte die Beratungs- und Betreuungsstellen für vietnamesische Flüchtlinge, die vom Deutschen Roten Kreuz und von der Caritas eingerichtet worden waren.

Hier lernte ich viele Flüchtlinge persönlich kennen und erfuhr von ihren dramatischen Fluchterlebnissen: Von Familien, die auseinander gerissen wurden, weil für Ältere die lebensgefährdende Fahrt übers Meer nicht mehr zumutbar war oder weil Teile der Großfamilie in andern Ländern aufgenommen wurden. Ich hörte Berichte über Piraten, die erst die Flüchtlinge ausraubten, viele dann über Bord warfen, manchmal Frauen erst einmal „„schonten“, um sie dann gefangen zu halten und zu vergewaltigen.

Die meisten Flüchtlinge gehörten der Mittelschicht an: Ärzte, Unternehmer, Piloten, Ingenieure, Lehrer. Für diese Eliten gab es im kommunistischen Vietnam keinen Platz, weder politisch, noch gesellschaftlich oder wirtschaftlich. So setzten viele ihr Leben aufs Spiel, um für sich und ihre Kinder wieder Zukunft zu gewinnen, und viele verloren es nach Angaben der humanitären Organisation „ Médecins du Monde

Nun sollte also Berlin für einige von ihnen die neue Heimat werden: Mehr als 9 000 Kilometer Luftlinie von Saigon entfernt, kulturell, sprachlich, religiös fremd, unbekannt. Eine vietnamesische Community, die ihnen die ersten Schritte im Schutz- und Schonraum der eigenen Kultur und Sprache hätte erleichtern können, gab es im damaligen West-Berlin nicht. Nahliegend, dass die Neuankömmlinge zur Selbsthilfe griffen.1983 wurde mit finanzieller und ideeller Unterstützung meines Amtes das „Vietnam-Haus“ gegründet. 20 Jahre später musste es seine Arbeit auf ehrenamtliche Aktivitäten begrenzen, weil die Finanzierung von der Dienststelle des Integrationsbeauftragten eingestellt wurde.

Ein Schwerpunkt der Arbeit – neben klassischen Aufgaben wie Schülerhilfe, Dolmetscherdienste, Unterstützung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, muttersprachlicher Unterricht am Wochenende, Pflege von Musik, Theater und Brauchtum – war die Familienberatung in Krisenfällen wie Generations- und Partnerschaftskonflikte.

Ursächlich war, dass in der Fremde die kulturellen und gesellschaftlichen Traditionen ihre Orientierungskraft verloren. Bisher wirkten sie wie Leitplanken für die Beziehungen zwischen Alt und Jung, zwischen Frauen und Männern, zwischen Berufen. Wenn aber der Vater oder Großvater dem Enkel nicht mehr den Weg in die neue Gesellschaft weisen konnte, die Mutter der Tochter kaum bei der Freundes- und Partnerwahl zu raten im Stande war, machte sich auch innerhalb der Familie Fremdheit breit.

Vietnamesische und deutsche Familienhelfer konnten oft schlichtend eingreifen, aber die Familienmitglieder selbst mussten aushandeln, was bewahrt und was neu angenommen werden sollte. Vielen gelang es, einige zerbrachen.

Als 1989 die Mauer fiel, wurde die Geschichte der vietnamesischen Berliner um ein neues Kapitel bereichert. Nur weniges sei hier erwähnt. Anders als die Boat people, die ihr Land als Flüchtlinge verlassen hatten, waren die im Ostteil Berlin lebenden Vietnamesen als Vertragsarbeiter in die DDR geholt worden.

Über ihre Lebensbedingungen dort gäbe es viel zu berichten. Erwähnt seien nur wenige Fakten, auch um zu illustrieren, wie total anders ihre Lebensumstände waren, auch schon in Vietnam. Die meisten kamen aus dem Norden und der Mitte Vietnams, viele waren Handwerker, Bauern, Ungelernte und ehemalige Soldaten; sie galten politisch als linientreu, andernfalls wäre ihnen der Aufenthalt in einem kommunistischen Bruderland nicht erlaubt worden.

Sie lebten abgegrenzt von der Bevölkerung in Wohnheimen in Marzahn und Hellersdorf, kontrolliert von deutschen und vietnamesischen „Betreuern“. Gleich nach Öffnung der Grenze, kamen viele in den Westteil der Stadt, wo sie Asyl beantragten in der Hoffnung, dann nicht dem Rückkehrdruck der vietnamesischen Funktionäre ausgesetzt zu sein oder abgeschoben zu werden als Ausländer mit befristeten Arbeitsverträgen. Es gab Bleibeoptionen für die meisten; einige kehrten mit finanziellen Erleichterungen zurück.

Kurz darauf begann eine der dunkelsten Phasen, als vietnamesische Schmugglerorganisationen, viele Mitglieder reisten als Flüchtlinge neu ein, den Handel mit unverzollten Zigaretten an sich rissen. Es kam zu blutigen Bandenkriegen und zu Folterhandlungen, wenn Händler anderes wollten als die Chefs oder sich ganz dem Handel widersetzten. Begünstigt wurden die mafiosen Strukturen durch die noch immer praktizierte Zusammenballung von Vietnamesen in den früheren Wohnheimen. Ich habe damals im Senat und im Rat der Bürgermeister alles daran gesetzt, diese Brutstätten von Verbrechen und Erpressung aufzulösen und die Bewohner in Einzelwohnungen unterzubringen. Unfassbar auch, dass mehrere Vertragsarbeiter im Ostteil der nun freien Stadt von deutschen Jugendlichen zu Krüppeln geschlagen wurden, zwei wurden auf der Straße totgeschlagen.

Wenn nun Berliner vietnamesischer Herkunft der Stadt und ihren Bewohnern Danke sagen, zeigt sich etwas von der Kraft dieser Stadt, Menschen unterschiedlicher Kultur beheimaten zu können, trotz vieler Missstände, überwundener und aktueller. Die vietnamesischen Flüchtlinge haben Berlin als Arbeitende, als Lernende um konfuzianisch-buddhistische Werte bereichert, und Berlin hat sie – so hoffe ich – zu begeisterten Berlinern gemacht.

Heute bilden die Vietnamesen eine der erfolgreichsten Einwanderergruppen. Wir begegnen ihnen überall in der Stadt als Kleinunternehmer, die mit Bienenfleiß, Einfallsreichtum und Kundenfreundlichkeit Handel und Wandel zu neuer Blüte verholfen haben. Für ihre Kinder ist es selbstverständlich durch Bildungserfolge in Schule und Studium zu glänzen. Weit über 80 Prozent haben inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Und diese Deutschen aus dem fernen Asien pflegen ihre Traditionen gemeinsam mit ihren Kindern und Enkeln. Es ist immer eine Freude mit ihnen gemeinsam Feste zu feiern, beispielsweise das Neujahrsfest.


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